8       Das große Babylon und sein Untergang (17,1-19,10)

 

„Mit dem Geschehen, das durch das Ausschütten der siebenten (Gerichts-)Schale ausgelöst wird, ist der Kulminationspunkt der Geschichte erreicht, in dessen Bannkreis die Gemeinde ihr Leben zu führen hat. Er wird in seinem wahren Charakter im Folgenden näher entfaltet und damit in seiner historisch für die implizierten Rezipienten erfahrbaren Gestalt deutlicher gemacht.“ (Holtz, 113).

 

 

8.1    Das große Babylon und das Tier (17,1-18)

 

Der Abschnitt ist leicht zu gliedern:

·         1-2            Hinführung zur Vision über die große Hure

·         3-6            Die Vision

·         7-18          Die Deutung der Vision

 

 

Hinführung zur Vision über die große Hure (1-2)

 

(1) Und es kam einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen hatten, und redete mit mir und sprach: Komm her! Ich will dir das Gericht über die große Hure zeigen, die an vielen Wassern sitzt, (2) mit der die Könige der Erde Unzucht getrieben haben; und die Bewohner der Erde sind trunken geworden von dem Wein ihrer Unzucht.

 

(1) „Einer von den sieben Engeln, welche die sieben Schalen hatten“ wendet sich an Johannes. Bei den „sieben Engeln“ handelt es sich um die Engel, die die „sieben Plagen“ hatten, mit denen der „Grimm Gottes“ – sein Gerichtshandeln – „vollendet“ wird (15,1). Weil die siebte Plage ausgegossen und das Werk dieser Engel eigentlich abgeschlossen ist, handelt es sich hier um eine Entfaltung der gegen Babylon gerichteten siebten Zornesschale (16,17-21; vgl. Roloff, 165).

 

Der Engel will Johannes das „Gericht über die große Hure“ zeigen. Die „große Hure“ ist Babylon (17,5), „Hurerei“ (bzw. „Unzucht“) ein anderer Begriff für Götzendienst (vgl. 14,8).

 

Bevor der Engel Johannes das Gerichtshandeln Gottes offenbart, macht er noch drei Vorbemerkungen über „die große Hure“.

 

Erstens: Sie sitzt „an vielen Wassern“. Diese Aussage knüpft an Jer.51,13 an („Die du an vielen Wassern wohnst, reich an Schätzen, dein Ende ist gekommen …“) und wird in 17,15 gedeutet („… Die Wasser, die du gesehen hast, wo die Hure sitzt, sind Völker und Völkerscharen und Nationen und Sprachen.“)

 

(2) Zweitens: Die „Könige der Erden“ haben mit ihr „Unzucht“ getrieben. „Könige auf Erden“ werden auch in 6,15; 17,18; 18,3.9; 19,19 und 21,24 erwähnt. Von 21,24 abgesehen, geht es immer um Mächte, die sich auf Babylon eingelassen haben und mit dieser Stadt verbunden sind – wobei Babylon über sie herrscht und sie davon profitieren (vgl. 18,9: „… die Könige der Erde, die mit ihr Unzucht getrieben haben und üppig gewesen sind …“).

 

Drittens: „… die Bewohner der Erde sind trunken geworden von dem Wein ihrer Unzucht.“ Die „Bewohner der Erde“ sind die Ungläubigen  (6,10; 8,13; 11,10; 13,8.14; 14,6; 17,8). Durch den Wein des babylonischen Götzendienstes sind sie ins Taumeln geraten (vgl. 14,8, Auslegung dort).

 

 

Die Vision (3-6)

 

(3) Und er führte mich im Geist hinweg in eine Wüste; und ich sah eine Frau auf einem scharlachroten Tier sitzen, das voller Lästernamen war und sieben Köpfe und zehn Hörner hatte. (4) Und die Frau war bekleidet mit Purpur und Scharlach und übergoldet mit Gold und Edelgestein und Perlen, und sie hatte einen goldenen Becher in ihrer Hand, voller Gräuel und Unreinheit ihrer Unzucht; (5) und sie hatte an ihrer Stirn einen Namen geschrieben, ein Geheimnis: Babylon, die Große, die Mutter der Huren und der Gräuel der Erde. (6) Und ich sah die Frau trunken vom Blut der Heiligen und vom Blut der Zeugen Jesu. Und ich wunderte mich, als ich sie sah, mit großer Verwunderung.

 

(3) Um ihm das Gericht über die Hure zu zeigen, bringt der Schalenengel den Seher Johannes „im Geist hinweg in eine Wüste“ (vgl. die ähnlichen Aussagen über die „Braut des Lammes“ in 21,9f.: „… im Geist hinweg auf einen großen und hohen Berg …“).

 

Warum „in eine Wüste“? Weil dort die Dämonen sind (Lk.8,29)? Weil die Wüste ein Rückzugsort bzw. ein Ort der Bewahrung ist (Off.12,6.14)? Weil Babylon einmal zur Wüste werden soll (Jer.51,26: „… eine ewige Trümmerstätte [bzw. Einöde] sollst du sein …“; vgl. Jes.13,21; Jer.51,29.43)?

 

Entscheidend ist, dass Johannes dort „eine Frau“ sieht. Das erinnert an 12,1 („Und ein großes Zeichen erschien am Himmel: Eine Frau, bekleidet mit der Sonne …“), so dass es sich bei der Frau aus 17,3 vermutlich um ein Gegenbild zum wahren Gottesvolk handelt (Maier II, 257).

 

„Das Erste, was Johannes von dieser Frau berichtet, ist nicht eine Personenbeschreibung, sondern eigenartigerweise ihr Reittier.“ (Maier II, 257). Es ist scharlachrot. Scharlach „war ein ungemein teurer Farbstoff, mit dem man kostbare Textilien zu färben pflegte“ (Roloff, 168). Damit gleicht das Tier der Frau, die u.a. mit Scharlach bekleidet ist (17,4) – was dort zusammen mit den anderen Luxusgütern Ausdruck des Reichtums ist. Möglicherweise handelt es sich um eine Satteldecke, die dem Tier übergeworfen wurde, so dass man von einem „scharlachroten Tier“ sprechen kann (Roloff, 168).

 

Es folgen drei weitere Bemerkungen zum Tier: Es ist „voller Lästernamen“ und hat „sieben Köpfe“ und „zehn Hörner“. Damit entspricht es dem „Tier aus dem Meer“ (13,1: „Und ich sah aus dem Meer ein Tier aufsteigen, das zehn Hörner und sieben Köpfe hatte, und auf seinen Hörnern zehn Diademe und auf seinen Köpfen Namen der Lästerung.“; vgl. Stefanovic, 507).

 

(4) Nun folgt die Beschreibung der Frau selbst. Sie beginnt mit der Kleidung. Zum Scharlach kommt das „Purpur“ (vgl. 18,12). Ferner ist die Frau mit „Gold und Edelsteinen und Perlen“ geschmückt. Auch das ist Zeichen des Reichtums (vgl. 18,12). Das Aussehen der Frau kann an römischen Kaiser erinnern (Satake, 345), aber auch an Prostituierte (Jer. 4,30: „Und du, Überwältigte, was wirst du tun? Wenn du dich auch in Karmesin kleidest, wenn du mit goldenem Schmuck dich schmückst, wenn du deine Augen mit Schminke vergrößerst: vergeblich machst du dich schön. Die Liebhaber verschmähen dich, sie trachten dir nach dem Leben.“)

 

In der Hand hält die Frau einen „goldenen Becher“. Damit wird erneut eine Aussage aus dem Buch Jeremia aufgegriffen (Jer.51,7: „Babel war ein goldener Becher in der Hand des HERRN, der die ganze Erde berauschte. Von seinem Wein haben die Nationen getrunken, darum sind die Nationen wie toll geworden.“).

 

Auch in 17,4 ist, wie in Jer.51,7, sicher daran gedacht, dass der Becher mit Wein gefüllt ist (vgl. 14,8: „… Wein seiner leidenschaftlichen Unzucht …“). Hier wird dieser Inhalt des Bechers aber – ohne dass etwas anderes gemeint wäre – einfach mit „Gräuel und Unreinheit ihrer Unzucht“ bezeichnet.

 

(5) Entscheidend ist nun, dass die Frau „an ihrer Stirn einen Namen“ bzw. „ein Geheimnis“ geschrieben stehen hat. Auch hier handelt es sich um ein Gegenbild zum Volk Gottes, deren Angehörige den Namen Gottes an ihren Stirnen tragen (14,1; 22,4). Möglicherweise klingt hier die Sitte an, dass römische Prostituierte ihre Namen auf einem Stirnband trugen (U. Müller, 289; Satake, 345; Stefanovic, 504; kritisch dazu Roloff, 169).

 

Der Name bzw. das „Geheimnis“ lautet: „Babylon, die Große, die Mutter der Hurerei und der Gräuel der Erde.“ Babylon ist natürlich die Stadt Rom (vgl. 14,8, s. die Auslegung dort). Sie ist der Ursprung allen Götzendienstes und „der Gräuel der Erde“. Der Begriff „Gräuel“ meint alles, was Gottes Abscheu erregt (ThWNT I, 598ff.), steht hier aber in besonderer Verbindung mit der Unzucht bzw. dem Götzendienst (vgl. 17,4: „… voller Gräuel und Unreinheit ihrer Unzucht.“).

 

(6) Nach der äußeren Beschreibung wird noch der Zustand der Frau charakterisiert. Sie ist betrunken vom „Blut der Heiligen“ und vom „Blut der Zeugen Jesu“. Beide Begriffe meinen Märtyrer (Heilige als Märtyrer: 16,6; 18,24; Zeugen als Märtyrer: 2,13; 11,3ff.).

 

„Äußerlich erfährt das Bild eine Brechung.“ Hier ist das, was die Trunkenheit verursacht, „nicht mehr der Greuel der Hurerei, sondern das Blut der Heiligen. Die sachliche Logik ist jedoch konsequent: Der Mord an den Zeugen Jesu wird für das Imperium zum letzten gesteigerten Triumph seiner Gottlosigkeit.“ (Roloff, 169).

 

Abschließend schildert Johannes seine Reaktion auf die Vision bzgl. der Frau: „Und ich wunderte mich, als ich sie sah, mit großer Verwunderung.“ Ähnliche Reaktionen werden auch von anderen Visionserfahrungen berichtet (Dan.7,15: „Mir, Daniel, wurde mein Geist tief in meinem Innern bekümmert, und die Visionen meines Hauptes erschreckten mich.“; vgl. Dan.8,27; 10,8f.).

 

 

Die Deutung der Vision (7-18)

 

(7) Und der Engel sprach zu mir: Warum wundertest du dich? Ich will dir das Geheimnis der Frau sagen und des Tieres, das sie trägt und die sieben Köpfe und die zehn Hörner hat.

 

(7) Auch die Reaktion des Schalenengels ähnelt anderen Visionsberichten, in denen sich Engel dem Visionär freundlich zuwenden und ihm die empfangene Vision erklären (z.B. Dan.8,15-19).  Hier fragt der Engel nach dem Grund seiner Verwunderung, um ihm anschließend die Aufklärung über „das Geheimnis der Frau … und des Tieres“ anzukündigen. „Deute-Engel“ traten bereits in 1,20 und 7,13 auf und sind in der apokalyptischen Literatur häufig zu finden (Dan.7,16.23; 8,13ff.; 9,20ff.; 10,5ff; 12,5ff.; Sach.1,10; 2,2; 4,5ff.; 4,13ff; 5,6ff.).

 

 

Zunächst erfolgt die Deutung des Tieres:

 

(8) Das Tier, das du gesehen hast, war und ist nicht und wird aus dem Abgrund heraufsteigen und geht ins Verderben; und die Bewohner der Erde, deren Namen nicht im Buch des Lebens geschrieben sind von Grundlegung der Welt an, werden sich wundern, wenn sie das Tier sehen, dass es war und nicht ist und da sein wird. (9) Hier ist der Verstand nötig, der Weisheit hat: Die sieben Köpfe sind sieben Berge, auf denen die Frau sitzt. Und es sind sieben Könige: (10) die fünf ersten sind gefallen, der eine ist, der andere ist noch nicht gekommen; und wenn er kommt, muss er eine kurze Zeit bleiben. (11) Und das Tier, das war und nicht ist, es ist selbst sowohl ein achter als auch von den sieben und geht ins Verderben.

 

(8) Bereits die Beschreibung in 17,3 zeigte Ähnlichkeiten mit dem Tier aus dem Meer (13,1-10). Dieser Eindruck wird durch die Deutung verstärkt:

Das Tier in Off.17,8

Das Tier aus dem Meer in Off.13

Das Tier, das du gesehen hast, war und ist nicht und wird aus dem Abgrund heraufsteigen …

(3) Und ich sah einen seiner Köpfe wie zum Tod geschlachtet. Und seine Todeswunde wurde geheilt,

… und die Bewohner der Erde, deren Namen nicht im Buch des Lebens geschrieben sind von Grundlegung der Welt an, werden sich wundern,

(3) und die ganze Erde staunte hinter dem Tier her.

(8) Und alle, die auf der Erde wohnen, werden ihn anbeten, jeder, dessen Name nicht geschrieben ist im Buch des Lebens des geschlachteten Lammes von Grundlegung der Welt an.

„Die weitgehend wörtliche Wiederholung erfolgt offenbar sehr bewusst. Sie soll unterstreichen, dass wir es erneut mit den Vorgängen von Offb. 13 zu tun haben.“ (Maier II, 267; vgl. Tóth, Tier, 18; zur Auslegung von 17,8 vgl. Anmerkungen zu Off 13,1ff.).

 

Der Hinweis „und wird aus dem Abgrund heraufsteigen“ findet sich bereits in 11,7. Der „Abgrund“ ist das Totenreich (vgl. 9,1). Das „Verderben“, in das das Tier schließlich fahren wird, meint die Vernichtung in Gottes Endgericht (19,20; vgl. 2.Pt.3,7: „Die jetzigen Himmel und die jetzige Erde aber sind durch dasselbe Wort aufbewahrt und für das Feuer aufgehoben zum Tag des Gerichts und des Verderbens der gottlosen Menschen.“).

 

(9a) Aber das ist nur der Auftakt der Erklärung. Mit der Formel „Hier ist Verstand nötig, der Weisheit hat“, die ebenfalls an Kapitel 13 erinnert (13,18), wird angekündigt, dass jetzt das Rätsel um das geheimnisvolle Tier gelöst wird – und zwar mit Hinweisen, die mit Hilfe des Verstandes erkannt werden können.

 

(9b) Dabei geht es um die „sieben Köpfe“ aus 17,3. Sie stehen für „sieben Berge, auf denen die Frau sitzt“. Das ist zuweilen symbolisch interpretiert worden – und zwar in dem Sinne, dass der Begriff „Berg“ für Macht steht (Maier II, 269; ABC VII, 855; Stefanovic, 510f.). Die meisten Bibelausleger aber beziehen diese Aussage auf das siebenhügelige Rom (U. Müller, 291; Roloff, 169; Satake, 350; Wengst, 69; adventistische Bibelausleger: Böttcher, 306; vgl. auch ABC VII, 855).

 

(9c-11) Gleichzeitig aber handelt es sich um „sieben Könige“, zu denen in den Versen 10 und 11 genauere Angaben gemacht werden, die in dem Hinweis gipfeln, dass es sich bei dem Tier um den achten König handelt, der zugleich „von den sieben“ ist.

 

Bei der Auslegung dieser Hinweise sind zwei Interpretationen vorherrschend:

Biblischer Text

Interpretation 1

Interpretation 2

… die fünf ersten sind gefallen …

Augustus (30-14)

Tiberius (14-37)

Caligula (37-41)

Claudius (51-54)

Nero (54-68)

 Caligula (37-41)

Claudius (51-54)

Nero (54-68)

Vespasian (69-79)

Titus (79-81)

… der eine ist …

Vespasian (69-79)

Domitian (81-96)

… der andere ist noch nicht gekommen; und wenn er kommt, muss er eine kurze Zeit bleiben…

Titus (79-81)

 

Nerva (96-98)

 

… Und das Tier, das war und nicht ist, es ist selbst sowohl ein achter als auch von den sieben …

Domitian (81-96)

Nero revidivus

 

Vertreter

Roloff, 170f.; Wengst, 70

U. Müller, 292ff.

 

Das Hauptproblem von Interpretation 1 besteht darin, dass die Offenbarung des Johannes nicht z. Zt. Vespasians verfasst wurde und man sich deshalb mit der Annahme hilft, Johannes habe einen Rätselspruch aus der Zeit Vespasians aufgenommen (Roloff, 170f.). Bei Interpretation 2 fehlt die rechte Begründung dafür, warum die Reihe mit Caligula beginnen sollte (Roloff, 170).

 

Somit hat die „Diskussion über die Lösung des Rätsels zu keinem allseitig anerkannten Ergebnis geführt“ (Holtz, 116). Daher wird auch die Auffassung vertreten, dass es nicht auf die genaue Reihenfolge der fünf König ankomme, sondern lediglich darauf, „dass nach dem himmlischen Plan für das römische Reich nur noch ein Kaiser vorgesehen ist, der nur kurze Zeit regiert, und dann die Zeit des Antichrist kommt“ ( Satake, 351).

 

Entscheidend ist, dass das achte Tier schließlich „ins Verderben“ geht (vgl. 17,8). Insofern geht es nicht nur um eine Information über bestimmte Mächte, sondern um die gute Nachricht vom Ende ihrer Herrschaft.

 

Der adventistische Bibelkommentar stellt drei Varianten gleichwertig nebeneinander (ABC VII, 854ff.). Die erste Variante interpretiert die Aussagen symbolisch und verzichtet bewusst auf eine Identifizierung der Mächte (ABC VII, 854; in der folgenden Übersicht, in denen verschiedene Deutungsversuche auf historische Mächte aufgelistet werden, wird sie daher nicht aufgeführt). Die zweite und dritte Variante deutet den Text auf konkrete Mächte – tut dies aber auf sehr unterschiedliche Weise. Die Interpretation von Smith wird im ABC nicht erwähnt, war aber historisch sehr wirksam und wird hier deshalb als vierte Variante aufgenommen („Untervarianten“ der Deutungen werden in kursiver Schrift dargestellt).

Biblischer Text

Variante 2 (ABC VII, 855f.)

Variante 3 (ABC VII, 855f.)

Variante 4 (Smith, 748)

… die fünf ersten sind gefallen …

Babylon

Medo-Persien

Griechenland

Rom

Päpstliches Rom

Ägypten

Assyrien

Babylon

Medo-Persien

Griechenland

königliche Regierung

konsularische Regierung

dezemviralische Regierung

diktatorische Regierung

triumviralische Regierung

… der eine ist …

Frankreich oder USA

Römisches Weltreich

kaiserliche Regierung

päpstliches Rom nach der tödlichen Wunde von 1798 (Makowski, 158)

 

 

… der andere ist noch nicht gekommen; und wenn er kommt, muss er eine kurze Zeit bleiben…

USA oder UN

Papsttum

Exarch von Ravenna

vereinigte Kräfte Babylons, getragen von dem scharlachfarbenen Tier (Böttcher, 306)

mittelalterliche Christenheit (Stefanovic, 512)

Papsttum (Wittwer, 144)

Papsttum in der letzten religiös-politischen Vereinigung (Makowski, 158)

 

 

… Und das Tier, das war und nicht ist, es ist selbst sowohl ein achter als auch von den sieben …

Papsttum oder Satan, der sich als Christus ausgibt

Papsttum oder Satan, der sich als Christus ausgibt

Papsttum

 

unter der Leitung von Teufelsgeistern zustande kommende letzte Weltregierung (Makowski, 158)

Tier, dessen Wunde geheilt wurde (Stefanovic, 512)

politisch-geistlicher Führer, der von Rom aus die Weltreligionen vereinen und die Erde regieren wird bzw. weltpolitisch aktives Papsttum unter Protektion der USA (Wittwer, 144)

Auch jede dieser Interpretationen hat – unabhängig von der Grundsatzfrage, ob sich die Offenbarung des Johannes auf Ereignisse im 1. Jahrhundert bezieht – ihre Schwächen.  Die Varianten 2 und 3 kranken daran, dass die meisten Könige ohne Bezug zu Babylon, der großen Stadt sind, die ja nach 17,3 in einer engen Beziehung zum Tier steht. Die Deutung des siebten Königs, der „noch nicht gekommen“ ist und der „eine kurze Zeit“ bleiben wird, auf das Papsttum bzw. die mittelalterliche Christenheit befremdet, da es sich hier um den längsten Zeitabschnitt handelt. Smith versuchte das Problem durch den Hinweis auf  den Exarch von Ravenna zu lösen, was aber in der Reihe der Herrscher doch eher exotisch wirkt.

 

 

Nach der Deutung des Tieres folgt die Deutung der zehn Hörner. Sie gehören zum Tier und gehen auch mit ihm unter.

 

(12) Und die zehn Hörner, die du gesehen hast, sind zehn Könige, die noch kein Königreich empfangen haben, aber mit dem Tier eine Stunde Macht wie Könige empfangen. (13) Diese haben einen Sinn und geben ihre Kraft und Macht dem Tier. (14) Diese werden mit dem Lamm Krieg führen, und das Lamm wird sie überwinden; denn es ist Herr der Herren und König der Könige, und die mit ihm sind, sind Berufene und Auserwählte und Treue.

 

(12-13) Nachdem der Engel das Geheimnis des Tieres enthüllt hat, erläutert er nun, was es mit den zehn Hörnern (17,3) auf sich hat: „das sind zehn Könige, die noch kein Königreich empfangen haben …“ Das erinnert an Dan.7,24: „Und die zehn Hörner bedeuten: aus diesem Königreich werden sich zehn Könige erheben …“

 

Diese zukünftigen Könige werden für „eine Stunde“ an die Macht kommen. Diese Zeitangabe ist vermutlich eine Parallele zum siebten König, der „noch nicht gekommen“ ist „und wenn er kommt“, nur „eine kurze Zeit“ bleibt (17,10).

 

Außerdem heißt es, dass sie „Macht wie Könige“ erlangen, was vielleicht andeutet, dass sie keine richtigen Könige sind. Jedenfalls erhalten sie ihre Macht „mit dem Tier“. Gemeint ist, sie erhalten ihre Machtposition nur durch die Verbindung mit dem Tier.  Es handelt sich also um Vasallenkönige (Roloff, 171; Lichtenberger, 229). Sie sind sich untereinander einig und „geben ihre Kraft und Macht dem Tier“, d.h. sie unterstützen es. Die meisten Bibelausleger beziehen diese Aussagen auf die zurzeit des Johannes verbreitete Erwartung, „dass Nero zusammen mit den Partherfürsten wiederkehrt und einen letzten widergöttlichen Ansturm versucht“ (U. Müller, 296; vgl. zu 13,3; 16,12ff.).

 

Adventistische Bibelausleger haben die „zehn Hörner“ traditionell auf  die „zehn Königreiche“ gedeutet, „welche aus dem römischen Reiche hervorgingen, nämlich: die Hunnen, Ostgothen, Westgothen, Franken, Vandalen, Sueven, Burgunder, Heruler, Angel-Sachsen und Langobarden“ (Smith, 749; vgl. Wittwer, 144). Andere sehen in den „zehn Hörnern“ und dem „Tier“ eine zukünftige Vereinigung von Kirche und Staat, die alle bisherigen Verbindungen ähnlicher Art übertreffen wird (Böttcher, 308), bzw. eine „religiös-politische Weltregierung“ (Makowski, 158). Stefanovic versteht die zehn Hörner als eine endzeitliche Einheit politischer Mächte, die die satanische Trinität [Drache – Tier aus dem Meer – Tier aus der Erde] unterstützt (Stefanovic, 516).

 

(14) Diese Machtkonstellation wird „mit dem Lamm Krieg führen“, also gegen Christus (5,6). Das erinnert an die sechste Zornesschale (16,12-16) und weist gleichzeitig auf den in 19,11-21 beschriebenen Kampf hin, bei dem Christus den Sieg davontragen und alle gottfeindlichen Mächte vernichten wird. Dementsprechend heißt es hier: „… und das Lamm wird sie überwinden …“. Auch der Hoheitstitel des Lammes – „Herr aller Herren und der König aller Könige“ – wird im Abschnitt 19,11-21 wieder aufgegriffen (19,16).

 

Während das „Tier“ die „zehn Hörner“ als Verbündete hat, stehen auf der Seite des Lammes „Berufene und Auserwählte und Treue“. Die beiden ersten Begriffe finden sich in der Offenbarung des Johannes nur an dieser Stelle. Unzweifelhaft ist: Hier sind die Christen gemeint. Beide Ausdrücke betonen, dass Gott an ihnen gehandelt hat. Er hat sie berufen und auserwählt. Der dritte Begriff steht in 2,10.13 für die Treue der Christen angesichts von Verfolgung.

 

 

Nun wird Johannes auch das Wasser gedeutet, an dem die „Hure sitzt“.

 

(15) Und er spricht zu mir: Die Wasser, die du gesehen hast, wo die Hure sitzt, sind Völker und Völkerscharen und Nationen und Sprachen;

 

(15) Das Bild der Hure, die an Wasser sitzt (17,1), knüpft an ein Gerichtswort Jeremias über Babylon an (Jer.51,13 „Die du an vielen Wassern wohnst, reich an Schätzen, dein Ende ist gekommen, das Maß deines ungerechten Gewinns.“). Hier erfolgt nun die Deutung: Es sind „Völker und Völkerscharen und Nationen und Sprachen“ (vgl. 5,9; 7,9; 10,11; 11,9; 13,7; 14,6).

 

Die Verbindung von Wassern und Völkern findet sich auch in Hes.27,3: „und sage zu Tyrus, das an den Zugängen zum Meer wohnt und Handel treibt mit den Völkern nach vielen Inseln hin: So spricht der Herr, HERR: Tyrus, du sagst: Ich bin von vollkommener Schönheit!“ Dazu passt, dass in Off.18 der Handel Babylons mit aller Welt thematisiert wird. Vielleicht ist hier konkret an das Mittelmeer zu denken, da Rom damals über den ganzen Mittelmeerraum herrschte (Wengst, 163). Jedenfalls ist davon auszugehen, dass diese „Völker und Völkerscharen und Nationen und Sprachen“ von der „Hure“ unterworfen wurden – was noch einmal unterstreicht, dass es sich bei der „Hure“ um eine globale Macht handelt.

 

Die Verse 16 und 17 gehen eigentlich über eine Deutung der Vision hinaus. Anstatt etwas bereits Geschautes zu erklären, geben sie bekannt, wie die „zehn Hörner“ und das „Tier“, über die es in den Versen 8-11 bzw. 12-14 Informationen zu deren Identifizierung gegeben hat, in Zukunft agieren werden und warum sie dies tun.

 

(16) und die zehn Hörner, die du gesehen hast, und das Tier, diese werden die Hure hassen und werden sie verwüsten und nackt machen und werden ihr Fleisch fressen und sie mit Feuer verbrennen. (17) Denn Gott hat in ihre Herzen gegeben, seinen Sinn zu tun und in einem Sinn zu handeln und ihr Königreich dem Tier zu geben, bis die Worte Gottes vollendet sein werden.

 

(16) Die „zehn Hörner“ und „das Tier“ sind mit der „Hure“, also mit Babylon bzw. Rom, verfeindet. Dabei war das Tier in der Vision als Reittier der Hure beschrieben worden (17,3). Nun aber teilt der Engel dem Seher Johannes mit, dass die zehn Hörner und das Tier die Hure „hassen“ und sie vernichten werden. Schon in 17,1 war das „Gericht über die große Hure“ angekündigt worden.

 

Dieses Gericht, bei dem die „zehn Hörner“ und das „Tier“ ihrem Hass freien Lauf lassen, wird nun in vier Stufen näher beschrieben:

·         Sie werden die Hure „verwüsten“. Davon ist ausführlich in Kapitel 18 die Rede – in 18,2, wo Babylon als eine Stadt beschrieben wird, in deren Trümmern nur noch Dämonen und unreine Tiere hausen und in 18,17.19, wo die Kaufleute und Schiffsherren darüber klagen, dass der Reichtum  Babylons so schnell „verwüstet“ worden ist. Eine ganz ähnliche Ankündigung findet sich im Hinblick auf Tyrus bei Hesekiel (Hes.26,19: „… Wenn ich dich zu einer verwüsteten Stadt mache, den Städten gleich, die nicht mehr bewohnt werden …“).

·         Sie werden die Hure „nackt machen“.  Das ist auch nach Aussagen des Propheten Hesekiel die Strafe für Hurerei (Hes.16,37: „darum, siehe, werde ich alle deine Liebhaber sammeln, denen du gefielst, und alle, die du geliebt, mit allen, die du gehasst hast. Ich sammle sie von allen Seiten gegen dich und decke deine Blöße vor ihnen auf, so dass sie deine ganze Blöße sehen.“; vgl. Hes.16,39; 23,29).

·         Sie werden „ihr Fleisch fressen“. Das ist in alttestamentlicher Zeit ein Ausdruck dafür, dass jemandem sein Besitz genommen wird (Mi.3,2f.: „(2) die ihr das Gute hasst und das Böse liebt, die ihr ihnen die Haut abzieht und das Fleisch von ihren Gebeinen? (3) Und diejenigen, die das Fleisch meines Volkes fressen und ihre Haut von ihnen abstreifen und ihre Gebeine zerbrechen und zerstückeln wie in einem Topf und wie Fleisch mitten im Kessel …“).

·         Sie werden „sie mit Feuer verbrennen“. Das entspricht ebenfalls den Schilderungen in Kapitel 18 (18,8: „… und mit Feuer wird sie [die Hure Babylon] verbrannt werden …“; 18,18: „und riefen, als sie den Rauch ihres Brandes sahen: Wer war der großen Stadt gleich?“).

 

Die meisten Bibelausleger beziehen auch diese Aussagen auf die damals aktuelle „Erwartung, wonach der wiederkommende Nero sich mit den gefürchteten Heerscharen der Parther verbünden und an ihrer Spitze gegen Westen ziehen werde, um das Reich zu vernichten“ (Roloff, 172).

 

Der adventistische Bibelkommentar nennt zwei Deutungsmöglichkeiten: Das Verhalten westeuropäischer Nationen gegenüber dem Papsttum seit der Reformation und die Einschätzung, dass es sich um zukünftige Ereignisse handelt (ABC VII, 858). Stefanovic sieht darin die Ankündigung, dass sich weltliche Mächte aufgrund ihrer Unfähigkeit von Babylon abwenden und es bekämpfen (Stefanovic, 517). Wittwer wiederum sieht hier folgendes Szenario angekündigt: „Zwar lassen sich die Politiker der Welt für eine bestimmte Zeit von Babylon beherrschen, weil eine religiös geeinte Menschheit ihnen anscheinend Vorteile bringt. Doch während der siebten Plage ändern sie ihren Sinn (Offb.16,19). Sie werfen die Reiterin ab, die sie bisher dirigiert hat, und zerstören diese Macht (Vers 16). Sie erkennen, dass sie durch die Lehren Roms verführt worden sind, deshalb vernichten sie diese Weltreligion mit ihren Machtstrukturen und Organisationen endgültig … Doch damit fällt nicht die politisch-religiöse Herrschaft des Tieres. Im Gegenteil, alle Macht geht nun auf das Tier über (Vers 17). Das ist im ersten Augenblick nur schwer zu begreifen, wenn man unter Babylon das kirchliche Rom versteht und unter dem achten Haupt einen politisch-religiösen Herrscher, der als geistlicher Vater die Menschheit von Rom aus regiert. Doch Gewaltherrscher haben sich in der Geschichte schon oft gegen ihre eigenen Parteien und Organisationen gewendet, wenn sie ihnen nicht mehr nützlich erschienen oder ihrer uneingeschränkten Machtausübung im Wege standen. Das wird in der Zukunft nicht anders sein.“ (Wittwer, 144f.)

 

(17) Diese überraschende Entwicklung ruft nach einer Begründung.  Dazu verweist der Engel auf das Wirken Gottes. „Der ausdrückliche Hinweis auf die Initiative Gottes ist auch deshalb nötig, weil erst so die Zerstörung Roms durch den aus Rom stammenden Antichristen … verständlich wird.“ (U. Müller, 297).

 

Der Engel erklärt Johannes: „Gott hat in ihre Herzen gegeben, seinen Sinn zu tun und in einem Sinn zu handeln und ihr Königreich dem Tier zu geben …“ Hier sind vermutlich die „zehn Könige“ gemeint – und nicht die Koalition der „zehn Könige“ und des „Tieres“. Schließlich heißt es, dass sie übereinkommen, „ihr Königreich dem Tier zu geben“. Außerdem erinnert diese Aussage an Vers 13, wo es von den „zehn Königen“ heißt: „Diese haben einen Sinn und geben ihre Kraft und Macht dem Tier.“

 

Diese „Einmütigkeit der Könige“ ist erstaunlich. „Wie kommt es, dass sie nicht aneinander geraden oder sich nicht gegen das Tier oder ihren eigenen Souveränitätsverlust auflehnen? Sie zerschlagen ihr eigenes Idol, ihr Babel … Sie sind Instrumente des Zornes Gottes geworden. Gott kann auch den Sinn derer, die ihm widerstehen, noch lenken. Bevor sie selbst ihr Urteil empfangen, gebraucht er sie noch als Zuchtrute für die Hure. Gott demonstriert damit einen außerordentlichen Machtbeweis. Er ist nicht nur imstande, die Aktionen seiner Gegner zu stoppen, sondern kann sie sogar herumkehren und gegen ihre eigene Sache laufen lassen. Er macht seine Gegner zu ihren eigenen Gegnern und Gerichtsvollstreckern. So sind sie völlig widerlegt, und Gott ist dabei überhaupt nicht außer Atem gekommen. Gott wird am Ende grenzenlos erhaben sein.“ (Pohl, 438f.).

 

Diese Machtkonstellation gilt, „bis vollendet werden die Worte Gottes“. Gemeint ist das durch sein Wort angekündigte göttliche Gericht, von dem es bzgl. der „letzten sieben Plagen“ heißt: „… mit ihnen ist vollendet der Zorn Gottes.“(15,1).

 

 

Schließlich wird noch die Deutung der Frau gegeben.

 

(18) Und die Frau, die du gesehen hast, ist die große Stadt, welche die Königsherrschaft über die Könige der Erde hat.

 

(18) Die Frau ist „die große Stadt“, bzw. „die große Stadt, Babylon“ (18,10.21; vgl. 16,19), womit natürlich Rom gemeint ist (vgl. die Auslegung zu 14,8). Diese Stadt hat – bis zu ihrem Untergang – die „Königsherrschaft über die Könige auf Erden“.

 

Zusammenfassung: Babylon wird gerichtet. Das Tier – bzw. einer von sieben Königen des Tieres – und seine Verbündeten werden die große Stadt vernichten. Auch gegen Christus werden sie kämpfen; in diesem Kampf aber wird Christus den Sieg davon tragen.

 

 

 

8.2    Der Untergang Babylons (18,1-24)

 

Nachdem Johannes in Kapitel 17 das „Gericht über die große Hure“ (17,1) offenbart wurde, stehen nun Reaktionen auf den Untergang Babylons im Mittelpunkt. Die Darstellung erinnert an das „aus antiken Tragödien bekannte Stilmittel der sogenannten Mauerschau: Beteiligte und Betroffene teilen ihre Beobachtungen und Empfindungen angesichts eines sich vor ihren Augen abspielenden, den Zuschauern jedoch verborgenen Geschehens mit.“ (Roloff, 174).

 

Der Abschnitt kann wie folgt gegliedert werden:

·         1-3             Verkündigung des Untergangs Babylons

·         4-8             Aufruf, Babylon zu verlassen und der Stadt zu vergelten

·         9-19          Klagelieder der vom Untergang Babylons Betroffenen

·         20              Aufruf zum Jubel über den Untergang Babylons

·         21-24        Prophetische Zeichenhandlung und Begründung des Gerichts

 

 

Verkündigung des Untergangs Babylons (1-3)

 

(1) Nach diesem sah ich einen anderen Engel aus dem Himmel herabkommen, der große Macht hatte; und die Erde wurde von seiner Herrlichkeit erleuchtet. (2) Und er rief mit starker Stimme und sprach: Gefallen, gefallen ist Babylon, die Große, und ist eine Behausung von Dämonen geworden und ein Gefängnis jedes unreinen Geistes und ein Gefängnis jedes unreinen und gehassten Vogels. (3) Denn von dem Wein der Wut ihrer Unzucht haben alle Nationen getrunken, und die Könige der Erde haben Unzucht mit ihr getrieben, und die Kaufleute der Erde sind durch die Kraft ihrer Üppigkeit reich geworden.

 

(1) Kam die Vision über das „Gericht über die große Hure“ von einem der Engel mit den sieben Zornesschalen, so sieht Johannes jetzt einen „anderen Engel“ (vgl. 7,2; 8,3; 10,1; 14,6.15.17). Das ist ein Indiz dafür, dass ein neuer Abschnitt beginnt.

 

Dieser Engel hat eine außergewöhnliche Autorität. Das zeigt sich zunächst darin, dass er – wie der Engel in 10,1   „aus dem Himmel“ kommt. Auch seine Beschreibung signalisiert – wie die Beschreibung des Engels in 10,1 – seine besondere Bedeutung. Da ist zunächst von seiner großen „Macht“ die Rede. Die Aussage „und die Erde wurde von seiner Herrlichkeit erleuchtet“ erinnert an Hes.43,2: „Und siehe, die Herrlichkeit des Gottes Israels kam von Osten her; und ihr Rauschen war wie das Rauschen großer Wasser, und die Erde leuchtete von seiner Herrlichkeit.“ „Durch diese Bemerkungen wird die Autorität des Engels aufs Höchste gesteigert.“ (Maier II, 292).

 

(2) Dieser Engel ruft mit „starker Stimme“. Meist ist in der Offenbarung von Engeln mit einer „lauten Stimme“ die Rede (5,2; 7,2; 10,3; 11,12; 14,7.15.18; 19,17). Möglicherweise ist der Ausdruck „mit starker Stimme“ eine Steigerung. Vielleicht ist es aber einfach die Kurzformel für einen „starken Engel, der mit lauter Stimme“ spricht (5,2; vgl. 10,1.3).

 

Zunächst wiederholt er einfach die Botschaft des zweiten Engels aus 14,8: „Gefallen, gefallen ist das große Babylon …“ (zur Auslegung s. dort). Anschließend fügt er hinzu: „…und ist eine Behausung von Dämonen geworden und ein Gefängnis jedes unreinen Geistes und ein Gefängnis jedes unreinen und gehassten Vogels.“ Hier werden alttestamentliche Beschreibungen des zerstörten Babylons und anderer Mächte aufgenommen:

·         Jes.13,19-22: „(19) So wird es Babel, der Zierde der Königreiche, der stolzen Pracht der Chaldäer, ergehen wie nach der Umkehrung von Sodom und Gomorra durch Gott. (20) Nie mehr wird es bewohnt sein, und es bleibt unbesiedelt von Generation zu Generation. Und der Araber wird dort nicht zelten, und Hirten werden ihre Herden dort nicht lagern lassen. (21) Aber Wüstentiere werden dort lagern, und voller Eulen werden ihre Häuser sein. Strauße werden dort wohnen und Bocksdämonen dort tanzen. (22) Wilde Hunde werden heulen in seinen Palästen und Schakale in den Lustschlössern. Und seine Zeit steht nahe bevor, und seine Tage werden nicht verlängert werden.“

·         Jes.34,8-15: „(8) Denn einen Tag der Rache hat der HERR, ein Jahr der Vergeltungen für die Rechtssache Zions. (9) Und Edoms Bäche verwandeln sich in Pech und sein Boden in Schwefel; und sein Land wird zu brennendem Pech. (10) Tag und Nacht erlischt es nicht, ewig steigt sein Rauch empor. Von Generation zu Generation liegt es in Trümmern, für immer und ewig zieht niemand hindurch. (11) Wüstenkauz und Igel nehmen es in Besitz, Eule und Rabe wohnen darin. Und er spannt darüber die Messschnur der Öde und das Senkblei der Leere. (12) Seine Edlen – keine sind da, die das Königtum ausrufen; und alle seine Obersten nehmen ein Ende. (13) Und in seinen Palästen gehen Dornen auf, Nesseln und Disteln in seinen befestigten Städten. Und es wird zur Wohnstätte der Schakale, zur Siedlung für Strauße. (14) Da treffen Wüstentiere mit wilden Hunden zusammen, und Bocksdämonen begegnen einander. Ja, dort rastet die Lilit und findet einen Ruheplatz für sich. (15) Dort nistet die Pfeilschlange und legt ihre Eier und brütet und spaltet sie. Ja, dort versammeln sich die Geier, einer zum andern.“

(vgl. Jer.50,39; Zeph.2,14). Der Engel beschreibt also „die Unheimlichkeit zerstörter, von Menschen verlassener und weiter zerfallender Städte“ (Wengst, 190).

 

Adventistische Bibelausleger haben diese Aussagen jedoch oft auf den Spiritismus bezogen (Smith, 755; Böttcher, 311; Wittwer, 147). Diese Auslegung ist aber nicht unumstritten (vgl. ABC VII, 861, wo diese Auslegung lediglich als eine Möglichkeit erwähnt wird und Stefanovic, 526, der darin Schilderung einer menschenleeren und zerstörten Stadt sieht).

 

(3) Der Engel fügt der Proklamation des Untergangs Babylons noch eine Begründung bei. Auch hier werden zunächst bekannte Aussagen wiederholt: „Denn von dem Wein der Wut ihrer Unzucht haben alle Nationen getrunken, und die Könige der Erde haben Unzucht mit ihr getrieben“. Das entspricht der Botschaft des zweiten Engels aus 14,8 („…das mit dem Wein seiner leidenschaftlichen Unzucht alle Nationen getränkt hat.“; zur Auslegung s. dort) und 17,2 („…mit der die Könige der Erde Unzucht getrieben haben; und die Bewohner der Erde sind trunken geworden von dem Wein ihrer Unzucht“; zur Auslegung s. dort). Zusätzlich werden nun erstmals die „Kaufleute der Erde“ erwähnt: „…und die Kaufleute der Erden sind durch die Kraft ihrer Üppigkeit reich geworden.“ Es handelt sich um die „Wirtschaftsbosse der Antike“ (Wengst, 168) bzw. um das, „was wir heute transnationales Management oder globale Unternehmen nennen“ (Maier II, 295).

 

Auch das Nebeneinander von „Hurerei“ und „Gewinnstreben“ begegnet uns bereits im AT. So heißt es in Jes.23,17-18: „(17) Denn es wird am Ende von siebzig Jahren geschehen, da wird der HERR Tyrus wieder heimsuchen. Und sie wird wieder zu ihrem Hurenlohn kommen und wird Hurerei treiben mit allen Königreichen der Erde, die auf der Fläche des Erdbodens sind. (18) Und ihr Handelsgewinn und ihr Hurenlohn wird dem HERRN heilig sein. Er wird nicht angehäuft und nicht aufbewahrt werden, sondern ihr Handelsgewinn wird für die sein, die vor dem HERRN wohnen, damit sie essen, bis sie satt sind, und prächtig gekleidet seien.“

 

Unter adventistischen Bibelauslegern ist umstritten, ob hier „Kaufleute“ im buchstäblichen Sinn gemeint sind (ABC VII, 861; Stefanovic, 832; vgl. die buchstäbliche Auslegung bei Wittwer, 148). Eine symbolische Auslegungen würde in den Kaufleuten diejenigen sehen, die die Lehren und Strategien Babylons vorantreiben (ABC VII, 861).


 

Aufruf, Babylon zu verlassen und der Stadt zu vergelten (4-8)

 

(4) Und ich hörte eine andere Stimme aus dem Himmel sagen: Geht aus ihr hinaus, mein Volk, damit ihr nicht an ihren Sünden teilhabt und damit ihr nicht von ihren Plagen empfangt! (5) Denn ihre Sünden sind aufgehäuft bis zum Himmel, und Gott hat ihrer Ungerechtigkeiten gedacht. (6) Vergeltet ihr, wie auch sie vergolten hat, und verdoppelt es ihr doppelt nach ihren Werken; mischt ihr den Kelch, den sie gemischt hat, doppelt! (7) Wie viel sie sich verherrlicht hat und üppig gewesen ist, soviel Qual und Trauer gebt ihr! Denn sie spricht in ihrem Herzen: Ich sitze als Königin, und Witwe bin ich nicht, und Traurigkeit werde ich nicht sehen. (8) Darum werden ihre Plagen an einem Tag kommen: Tod und Trauer und Hunger, und mit Feuer wird sie verbrannt werden; denn stark ist der Herr, Gott, der sie gerichtet hat.

 

(4) Nun hört Johannes eine „andere Stimme vom Himmel“. Dabei kann es sich um die Stimme Gottes (Wengst, 246) oder die Stimme Jesu Christi (Maier II, 296) handeln (vgl. 10,4; 11,12; 14,2.13). Dafür spricht auch, dass die Anrede „mein Volk“ eher zu Gott bzw. Christus, als zu einem Engel passt.

 

Jedenfalls wird das Volk Gottes (vgl. 21,3: „… und sie werden seine Nationen [bzw. sein Volk] sein …“) zum Verlassen Babylons aufgefordert. Zur Begründung wird gesagt, es solle nicht an den Sünden Babylons und an den Plagen, die über Babylon kommen werden, teilhaben.

 

Dieser Aufruf und seine Begründung greifen Aussagen des Propheten Jeremia auf:

·         Jer.51,6: „Flieht aus Babel hinaus und rettet euch, jeder rette sein Leben, dass ihr in seiner Schuld nicht umkommt! Denn es ist die Zeit der Rache des HERRN: was es getan hat, vergilt er ihm.“

·         Jer.51,45: „Zieht aus ihm hinaus, mein Volk, und rettet euch, jeder sein Leben, vor der Zornesglut des HERRN!“

 

Die Begründung „damit ihr nicht an ihren Sünden teilhabt“ findet sich jedoch noch nicht bei Jeremia. Das kann ein Zeichen dafür sein, dass dieser Aspekt von besonderer Bedeutung ist. Inhaltlich geht es darum, dass die Christen Babylon verlassen sollen, um nicht „zum Komplizen der Sünden Babylons zu werden“ (Wengst, 247). Bei den Sünden Babylons ist gemäß 18,3 an dessen „Unzucht“ und „Üppigkeit“ zu denken.

 

Unklar ist, wie man sich den Auszug aus Babylon konkret vorzustellen hat. Geht es um eine räumliche Trennung oder eher um eine innere Distanzierung? Aber vielleicht sind das falsche Alternativen und es geht um einen „völligen Nonkonformismus, die kompromisslose Verweigerung“ gegenüber Babylon, der sich sowohl innerlich als auch in äußeren Handlungen vollziehen kann (Wengst, 247).

 

Adventistische Bibelausleger sind in der Regel der Auffassung, dass sich diese Botschaft speziell an die Mehrheit der Christen richtet, die es bisher versäumt hat, einen klaren Trennungsstrich gegenüber Babylon – verstanden als die abgefallenen protestantischen Kirchen – zu ziehen. Nun aber muss eine Entscheidung getroffen werden; diese Kirchen sind zu verlassen (Böttcher, 312f.; Makowski, 162; Wittwer, 146).

 

(5) Die Babylon zugedachten „Plagen“, vor denen sich die Christen durch ihren Rückzug aus Babylon schützen sollen, werden nun begründet. Babylons Sünden „sind aufgehäuft bis zum Himmel“.  Auch hier klingt eine Aussage des Propheten Jeremia an: „‚Wir haben Babel heilen wollen, aber es war nicht zu heilen. Verlasst es und lasst uns jeder in sein Land ziehen! Denn sein Gericht reicht bis an den Himmel und erhebt sich bis zu den Wolken.‘“ (Jer.51,9) Gemeint ist: Babylon Sünde ist so groß, dass Gott nicht mehr darüber hinwegsehen kann.

 

Dementsprechend heißt es: „… und Gott hat ihrer Ungerechtigkeiten gedacht“. Dass Gott daran „gedacht“ hat, bedeutet nicht, dass es ihm zu Bewusstsein gekommen ist. Gemeint ist sein „Entschluss einzuschreiten“ (Maier II, 298; vgl. 16,19: „…und der großen Stadt Babylon wurde vor Gott gedacht, ihr den Kelch des Weines des Grimmes seines Zornes zu geben.“).

 

(6) Der Gedanke des Gerichts über Babylon wird mit dem Aufruf fortgeführt, es Babylon heimzuzahlen: „Vergeltet ihr, wie sie auch vergolten hat …“ Damit wird erneut ein Motiv aus dem Buch Jeremia aufgegriffen:

·         Jer.50,15: „Erhebt das Kriegsgeschrei gegen es ringsum! Es hat sich ergeben. Gefallen sind seine Festungswerke, niedergerissen seine Mauern. Denn es ist die Rache des HERRN. Rächt euch an ihm! So wie es getan hat, tut ihm!“

·         Jer.50,29: „Ruft Schützen herbei gegen Babel, alle, die den Bogen spannen! Belagert es ringsum, niemand darf entkommen! Vergeltet ihm nach seinem Tun, tut ihm nach allem, was es getan hat! Denn es hat vermessen gehandelt gegen den HERRN, gegen den Heiligen Israels.“

 

Unklar ist, an wen sich diese Aufforderung zur Vergeltung richtet. Bei Jeremia sind die Feinde Babylons gemeint. Geht es hier um innerweltliche Mächte, die Gott – wie in 16,12ff.; 17,5-17 – für die Durchführung seines Gerichts instrumentalisiert (Maier II, 299)? Oder richtet sich dieser Aufruf an (Straf)Engel (U. Müller, 305; Wengst, 191)? Dass hier die Christen selbst aufgerufen sind, sich an Babylon zu rächen, ist schwer vorstellbar (Wengst, 191).

 

Die Stimme vom Himmel fügt hinzu, dass Babylon „doppelt“ vergolten werden soll. Der Gedanke einer doppelten Vergeltung findet sich an verschiedenen Stellen des AT (Jes.40,2; Jer.16,18; 17,18). Konkretisiert wird dieses Prinzip noch einmal mit dem Bild des Kelches: „… mischt ihr den Kelch, den sie gemischt hat, doppelt!“. In der Offenbarung des Johannes steht der Kelch für Strafe und Gericht (14,10; 16,19). Babylon soll doppelt zurückbekommen, was es angerichtet hat.

 

(7-8) Um diese „ausgleichende Gerechtigkeit“ (Wengst, 192) geht es auch in den Versen 7 und 8. So viel wie Babylon „sich verherrlicht hat und üppig gewesen ist“, so viel „Qual und Trauer“ soll ihr nun gegeben werden.

 

In diesem Zusammenhang wird Babylons arrogante Haltung geschildert. Sie „spricht in ihrem Herzen: Ich sitze als Königin, und Witwe bin ich nicht, und Traurigkeit werde ich nicht sehen.“ Hier wird erneut das Wort einer alttestamentlichen Gerichtsrede über Babylon aufgegriffen:

Jes.47,7-9: „(7) Und du sagtest: Auf ewig werde ich Herrin sein, für immer! Du nahmst dir dies nicht zu Herzen, das Ende davon bedachtest du nicht. (8) Und nun höre dies, du Wollüstige, die in Sicherheit wohnt, die in ihrem Herzen sagt: Ich, und sonst gar nichts! Ich werde nicht als Witwe sitzen noch Kinderlosigkeit kennen! (9) Dies beides wird über dich kommen in einem Augenblick, an einem einzigen Tag: Kinderlosigkeit und Witwenschaft. In vollem Maße werden sie über dich kommen trotz der Menge deiner Zaubereien, trotz der gewaltigen Fülle deiner Bannsprüche.“

 

„Königin“ und „Witwe“ sind damals „die äußersten Gegensätze von Frauenschicksalen“ (ThWNT IX, 448). Keine Witwe und nicht kinderlos zu sein, heißt so viel wie: „Ich werde niemals vereinsamt, niemals Randfigur, niemals verachtet sein.“ (Maier II, 301).

 

Das Gericht über Babylon ist auf dessen arrogante Haltung abgestimmt. Weil die Stadt davon überzeugt ist, niemals Leid zu erfahren, „werden ihre Plagen an einem Tag kommen“. Konkret werden „Tod und Trauer und Hunger“ genannt. „Die Erfahrungen, die ein großer Teil der Menschen in den Provinzen schon lange macht, werden die Metropole erreichen.“ (Wengst, 193). Außerdem wird ihr die Zerstörung durch Feuer angekündigt (vgl. 17,16; vgl. Jer.50,32; 51,25.30.58). „Auch das ist etwas, was im Krieg die Besiegten immer wieder erfahren haben.“ (Wengst, 193). Insofern handelt es sich auch in der Art der Plagen um eine gerechte Vergeltung.

 

Auch die abschließende Begründung – „denn stark ist der Herr, Gott, der sie gerichtet hat“ – entspricht einer Aussage des Propheten Jeremia: „Ihr Erlöser ist stark, HERR der Heerscharen ist sein Name. Er wird ihre Rechtssache bestimmt führen, um dem Land Ruhe zu verschaffen, aber den Bewohnern von Babel Unruhe.“ (Jer.50,34). Gemeint ist, dass Babylon dem Gericht Gottes nicht entgehen wird.



Klagelieder der vom Untergang Babylons Betroffenen (9-19)

 

Die folgenden Verse greifen eine Textgattung auf, die bereits von den Propheten des AT genutzt wurde. In der Form eines Klageliedes haben sie den Untergang der Unterdrücker in einer Weise besungen, als wäre er bereits Realität. Natürlich waren die Propheten darüber alles andere als traurig. Dennoch wählten sie bewusst die Form eines Klageliedes, das dadurch unter der Hand zu einem „spöttischen Leichenlied“ wurde, „das den überheblichen Mächtigen prophetisch vorgreifend verhöhnt“ (Holtz, 119). Beispiele dafür finden sich in Jes.14 und Hes.27.

 

In Off.18 werden die Klagelieder von Königen (18,9.10), Kaufleuten (18,11-16) und Seeleuten (18,17-19) formuliert. Alle drei begegnen auch in Hesekiel 26,15-27,36.

 

Die Klagelieder von Off.18 sind – mit kleinen Abweichungen – folgendermaßen aufgebaut: „eine Einleitung, die die Klagenden nennt sowie als deren Tätigkeit eben das Klagen, das Sehen des Rauchs vom Brand der Stadt und bzw. oder das Stehen von ferne. Dabei wird zweimal als Grund die Furcht vor ihrer Qual genannt. Dann folgt das eigentliche Totenklagelied mit Wehruf, Nennung dessen, wem er gilt, und Begründung.“ (Wengst, 170f.).

 

 

(9) Und es werden um sie weinen und wehklagen die Könige der Erde, die mit ihr Unzucht getrieben haben und üppig gewesen sind, wenn sie den Rauch ihres Brandes sehen; (10) und sie werden aus Furcht vor ihrer Qual weitab stehen und sagen: Wehe, wehe! Die große Stadt, Babylon, die starke Stadt! Denn in einer Stunde ist dein Gericht gekommen.

 

(9) Als Erstes klagen die „Könige auf Erde“ (6,15; 17,2.18; 18,3; 19,19; 21,24). Sie haben mit Babylon „Unzucht getrieben“ und sind „üppig gewesen“ (vgl. 18,3). Das heißt: „Sie haben sich begehrlich mit der Metropole eingelassen und haben davon profitiert.“ (Wengst, 171). Nun aber weinen und klagen sie, weil sie den Rauch vom Brand Babylons sehen (vgl. 18,8; 19,3).

 

(10) Sie werden das alles aus der Ferne beobachten, weil sie die über Babylon verhängte „Qual“ (vgl. 9,5; 14,11) fürchten. Dabei rufen sie ein doppeltes „Wehe“ aus (vgl. 8,13). Dem doppelten Weheruf entsprechend wird auch der Empfänger dieser Qualen zweimal genannt: „die große Stadt, Babylon, du starke Stadt“. Das kann ein Zeichen für die „Schwere des Gerichts“ sein (Maier II, 304).

 

Außergewöhnlich ist auch, dass das Gericht über Babylon „in einer Stunde“ gekommen ist. In 18,8 war noch davon die Rede, dass „ihre Plage an einem Tag kommen“. Hier ist also ein Steigerung zu verzeichnen. Dass alles „in einer Stunde“ kommt bedeutet wahrscheinlich: alles vollzieht sich ganz plötzlich und in kurzer Zeit (vgl. Jer.51,8: „Wie plötzlich ist Babel gefallen und zerschmettert! Heult über Babel …“).

 

 

(11) Und die Kaufleute der Erde weinen und trauern um sie, weil niemand mehr ihre Ware kauft: (12) Ware von Gold und Silber und Edelgestein und Perlen und feiner Leinwand und Purpur und Seide und Scharlachstoff und alles Thujaholz und jedes Gerät von Elfenbein und jedes Gerät von kostbarstem Holz und von Erz und Eisen und Marmor (13) und Zimt und Haarbalsam und Räucherwerk und Salböl und Weihrauch und Wein und Öl und Feinmehl und Weizen und Rinder und Schafe und von Pferden und von Wagen und von Leibeigenen und Menschenseelen. (14) Und die Früchte, nach denen deine Seele begehrte, sind von dir gewichen, und alle Pracht und Glanz sind dir verloren, und man wird sie nie mehr finden. (15) Die Kaufleute dieser Dinge, die an ihr reich geworden sind, werden aus Furcht vor ihrer Qual weitab stehen, weinend und trauernd, (16) und werden sagen: Wehe, wehe! Die große Stadt, die bekleidet war mit feiner Leinwand und Purpur und Scharlachstoff und übergoldet mit Gold und Edelgestein und Perlen! (17a) Denn in einer Stunde ist der so große Reichtum verwüstet worden.

 

(11) Nach 18,3 sind „die Kaufleute der … durch die Kraft ihrer [Babylons] Üppigkeit reich geworden“. Dementsprechend betrauern sie den Untergang Babylons, „weil niemand mehr ihre Ware kauft“. Es handelt sich demnach um Großhändler.

 

(12-13) Es folgt eine Liste der Handelswaren (wörtl.: Schiffsladung), die nun keinen Absatz mehr finden. Eine solche Liste findet sich auch in Hes.27. Dort ist sie nach Herkunftsorten gegliedert, während sie hier nach Produktarten sortiert ist. Dabei handelt es sich „in erster Linie um Waren für den Bedarf der Reichen und Vornehmen. Diese Auswahl geschieht mit Absicht, um die Genusssucht und den verderblichen Luxus Roms zu demonstrieren.“ (U. Müller, 307).

 

Die Liste enthällt:

·         Edelmetalle: Gold und Silber.

·         Teurer Schmuck: Edelsteine und Perlen.

·         Wertvolle Stoffe für teure Kleidung: Leinen, Purpur, Seide, Scharlach.

·         Wertvolle Hölzer für Luxusmöbel: wohlriechende Hölzer (Thuyaholz des Zitrusbaums?).

·         Teure Inneneinrichtung: Geräte aus Elfenbein, kostbarem Holz, Erz, Eisen, Marmor.

·         Stoffe für wohlriechende Salben und Düfte: Zimt, Haarbalsam, Räucherwerk, Salböl, Weihrauch.

·         anspruchsvolle Lebensmittel: Wein, Öl, feinstes Mehl, Weizen. Weizen musste im 1. Jh. nach Rom importiert werden (Wengst, 172).

·         Nutztiere: Vieh, Schafe, Pferde und Wagen/vierrädriger Reisewagen (Maier II, 310).

·         Sklaven: „… Leibeigenen und Menschenseelen.“

 

(14) Auch in Vers 14 geht es um Waren – aber nicht um Handelswaren, auf denen die Kaufleute nach dem Untergang Babylons sitzen bleiben. Stattdessen richtet sich der Blick auf Babylon selbst bzw. darauf, dass ihr Reichtum verloren ist (exotische Früchte …).

 

(15-17a) Anschließend geht es wieder um die Kaufleute bzw. ihr Klagelied. Es ähnelt dem der „Könige der Erde“ (18,9-10). Es werden lediglich noch einmal einige markante Merkmale der Kaufleute genannt („Die Kaufleute dieser Dinge, die an ihr reich geworden sind… Wehe, wehe! Die große Stadt, die bekleidet war mit feiner Leinwand und Purpur und Scharlachstoff und übergoldet mit Gold und Edelgestein und Perlen! … ist der so große Reichtum verwüstet worden.“).

 

 

Auf das Klagelied der Kaufleute folgt das Klagelied der Seeleute, deren Arbeit und Verdienst ja darin besteht, die Waren der Kaufleute in die „große Stadt“ zu bringen.

 

 (17b) Und jeder Steuermann und jeder Küstenfahrer und Schiffsleute und alle, die auf dem Meere beschäftigt sind, standen weitab (18) und riefen, als sie den Rauch ihres Brandes sahen, und sprachen: Wer war der großen Stadt gleich? (19) Und sie warfen Staub auf ihre Häupter und riefen weinend und trauernd und sprachen: Wehe, wehe! Die große Stadt, in der alle, die Schiffe auf dem Meere hatten, reich wurden von ihrer Kostbarkeit! Denn in einer Stunde ist sie verwüstet worden.

 

(17b) Die Reihenfolge – erst die Kaufleute, dann die Seeleute – entspricht ebenfalls Hes.27,27ff. Dort findet sich auch eine Aufzählung in der Seefahrt tätiger Berufsgruppen.

 

Hier werden vier Gruppen genannt, wobei die Bedeutung der einzelnen Begriffe z.T. nicht eindeutig ist:

EB

Maier II, 313

Schiffsherren

Steuermann

Schiffskapitän

Seeleute

Küstenfahrer

alle, die irgendwo zur See fahren

Seefahrer

Schiffsleute

Matrosen

und auf dem Meer arbeiten

die auf dem Meere beschäftigt sind

alle, die durch das Meer Arbeit finden

 

(18) Dieses dritte Klagelied enthält die gleichen Elemente wie die beiden anderen. Der Ruf „Wer war der großen Stadt gleich?“ erinnert an 13,4 („… Wer ist dem Tier gleich? Und wer kann mit ihm kämpfen?“).

 

(19) Im Unterschied zu den anderen Klageliedern wird die Trauer hier noch durch einen Trauergestus unterstrichen: „Und sie warfen Staub auf ihre Häupter …“ (vgl Hes.27,30; Hi.2,12; Klg.2,10). Im anschließenden Klagelied wird noch einmal deutlich, dass die Trauer eigentlich nicht der Stadt als solcher gilt, sondern den mit ihr verbundenen Vorteilen, die nun wegfallen. Babylon ist die Stadt, von „der alle, die Schiffe auf dem Meere hatten, reich wurden von ihrer Kostbarkeit!“, womit vermutlich vor allem die Reeder gemeint sind (Wengst, 174).

 

 

Aufruf zum Jubel über den Untergang Babylons (20)

 

Als Kontrast zu den Klageliedern, die von den Königen, Kaufleuten und Seeleuten angesichts der Zerstörung Babylons angestimmt werden, werden Andere dazu aufgerufen, fröhlich zu sein.

 

(20) Sei fröhlich über sie, du Himmel, und ihr Heiligen und Apostel und Propheten! Denn Gott hat für euch das Urteil an ihr vollzogen.

 

(20) Der „Himmel“, die „Heiligen“, die „Apostel“ und die „Propheten“ werden aufgerufen, sich zu freuen. Der Aufruf stammt vermutlich von der in 18,4 erwähnten anderen „Stimme vom Himmel“ und greift erneut alttestamentliche Vorbilder auf: „Und Himmel und Erde, und alles, was in ihnen ist, werden jubeln über Babel. Denn von Norden her kommen ihm die Verwüster, spricht der HERR.“ (Jer.51,48; vgl. Jes.44,23; 49.13; Ps.96,11; 1.Chr.16,31).

 

Im Hinblick auf den „Himmel“ hieß es bereits in 12,12: „Darum seid fröhlich, ihr Himmel und die ihr in ihnen wohnt!… Nun werden die „Heiligen und Apostel und Propheten“ hinzugefügt. Vielleicht steht diese Dreiergruppe den Könige, Kaufleuten und Seeleuten entgegen, deren Klagelieder vorab geschildert wurden.

 

Die „Heiligen“ und die „Propheten“ werden an mehreren Stellen der Offenbarung gemeinsam erwähnt:

·         Off.11,18: „Und die Nationen sind zornig gewesen, und dein Zorn ist gekommen und die Zeit der Toten, dass sie gerichtet werden und dass du den Lohn gibst deinen Knechten, den Propheten, und den Heiligen und denen, die deinen Namen fürchten, den Kleinen und den Großen, und die verdirbst, welche die Erde verderben.“

·         Off.16,6: „Denn Blut von Heiligen und Propheten haben sie vergossen, und Blut hast du ihnen zu trinken gegeben; sie sind es wert.“

·         Off.18,24: „Und in ihr wurde das Blut von Propheten und Heiligen gefunden und von allen denen, die auf der Erde hingeschlachtet worden sind.“

Die „Heiligen“ und „Propheten“ erleiden also den Märtyrertod (zu den „Heiligen“ als Märtyrern vgl. auch 13,7; 17,6).

 

Dazu passt die Begründung des Aufrufs zur Freude: „… Denn Gott hat für euch das Urteil an ihr [Babylon] vollzogen.“ Bereits in 6,9f. wurde das Gericht Gottes als Antwort auf das Martyrium der Gläubigen bezeichnet: „(9) Und als es das fünfte Siegel öffnete, sah ich unter dem Altar die Seelen derer, die geschlachtet worden waren um des Wortes Gottes und um des Zeugnisses willen, das sie hatten. (10) Und sie riefen mit lauter Stimme und sprachen: Bis wann, heiliger und wahrhaftiger Herrscher, richtest und rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?

 

Wenn das stimmt, bedeutet das: „Mit den ‚Heiligen‘ als den Gläubigen im allgemeinen, den ‚Aposteln‘ und ‚Propheten‘ als besonderen Funktionsträgern der christlichen Gemeinde können hier nur solche gemeint sein, die den Märtyrertod erlitten haben und sich bereits im Himmel befinden.“ (U. Müller, 309. Anders Maier II, 316; Satake, 365).

 

Bei den „Propheten“ handelt es sich vermutlich um Mitstreiter des Johannes (10,7; 22,9).

 

Unklar ist, was hier mit dem Begriff „Apostel“ gemeint ist. Geht es – wie in 21,14 – um die zwölf Apostel (Satake, 365)? Oder sind „Wanderapostel“ gemeint, wie sie z.B. in der Didache und im Sendschreiben an die Gemeinde Ephesus erwähnt werden (Did.11,4ff.: „Jeder Apostel, der zu euch kommt, soll … nur einen Tag bleiben … Wenn er aber drei Tage bleibt, ist er ein Lügenprophet“; Off.2,2: „… und du hast die geprüft, die sich Apostel nennen und sind es nicht, und hast sie als Lügner befunden“) – wobei an dieser Stelle dann natürlich nicht „falsche“, sondern „richtige“ Apostel gemeint sind (Wengst, 80).

 

 

Prophetische Zeichenhandlung und Begründung des Gerichts (21-24)

 

(21) Und ein starker Engel hob einen Stein auf wie einen großen Mühlstein und warf ihn ins Meer und sprach: So wird Babylon, die große Stadt, mit Gewalt niedergeworfen und nie mehr gefunden werden. (22) Und die Stimme der Harfensänger und Musiker und Flötenspieler und Trompeter wird nie mehr in dir gehört und nie mehr ein Künstler irgendeiner Kunst in dir gefunden und das Geräusch des Mühlsteins nie mehr in dir gehört werden, (23) und das Licht einer Lampe wird nie mehr in dir scheinen und die Stimme von Bräutigam und Braut nie mehr in dir gehört werden; denn deine Kaufleute waren die Großen der Erde; denn durch deine Zauberei sind alle Nationen verführt worden. (24) Und in ihr wurde das Blut von Propheten und Heiligen gefunden und von allen denen, die auf der Erde hingeschlachtet worden sind.

 

(21) Nach dem Aufruf zur Freude über das Gericht über Babylon erscheint ein „starker Engel“ (vgl. 5,2; 10,1). Er hebt einen Stein auf, der so groß ist wie ein Mühlstein, und wirft ihn ins Meer. Gemeint ist der obere Stein der großen Mühlen. Er kann transportiert werden, ist aber „so schwer …, dass man ihn nur mit Mühe aufheben kann, gleichzeitig aber sein schnelles und endgültiges Versinken gesichert ist“ (Satake, 366).

 

Auch wenn der Begriff „Mühlstein“ dort nicht vorkommt, handelt es sich auch hier um ein Bild aus dem Buch Jeremia (Jer.51,63-64): „(63) Und es soll geschehen, wenn du dieses Buch zu Ende gelesen hast, so binde einen Stein daran und wirf es mitten in den Euphrat (64) und sage: So wird Babel versinken und nicht wieder hochkommen wegen des Unheils, das ich über es bringe; und sie werden ermüden. Bis hierher gehen die Worte Jeremias.“

 

Auch in der Offenbarung des Johannes wird diese Zeichenhandlung anschließend gedeutet: „So wird Babylon, die große Stadt, mit Gewalt niedergeworfen und nie mehr gefunden werden.“ Der Akzent liegt einerseits auf der „Schnelligkeit des Gerichts“ (Maier II, 318; vgl. 18,10.17.19). Außerdem wird dessen Endgültigkeit betont – erneut unter Aufnahme alttestamentlicher Prophetie, diesmal aus der Gerichtsrede über Typus aus dem Buch Hesekiel (Hes.26,21): „Tödlichen Schrecknissen gebe ich dich preis; und du wirst nicht mehr sein, und du wirst gesucht, aber nicht wiedergefunden werden für ewig, spricht der Herr, HERR.“

 

(22-23a) Anschließend wird anschaulich beschrieben, dass alles Leben in Babylon erstirbt. Dazu werden erneut alttestamentliche Gerichtsworte über Babylon und Typus aufgegriffen:

·         Jer.25,10: „Und ich lasse unter ihnen verlorengehen die Stimme der Wonne und die Stimme der Freude, die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut, das Geräusch der Mühlen und das Licht der Lampe.“

·         Hes.26,13: „Und ich werde das Getön deiner Lieder zum Schweigen bringen, und der Klang deiner Zithern wird nicht mehr gehört werden.“

 

„In Babylon werden Totenstille und Finsternis herrschen. Es gibt nicht mehr Musik von Instrumenten noch Gesang als Zeichen der Lebensfreude … Das völlige Erlöschen des Lebens zeigt sich daran, dass das Geräusch der Handmühle, die die Frauen zum Mahlen der Tagesration am Morgen drehen, nicht mehr zu hören ist und die Lampe am Abend nicht mehr scheint. Die Handmühle am Morgen und die Lampe am Abend symbolisieren Anfang und Ende des  Tagesablaufs, den es nicht mehr gibt. Es fehlen dementsprechend auch der Jubel von Bräutigam und Braut …“ (U. Müller, 310f.).

 

(23b-24) Abschließend wird das Gericht über Babylon noch einmal begründet. Zunächst heißt es: Babylons Kaufleute „waren die Großen der Erde“. Hier klingt Jes.23,8 an: „Wer hat dies beschlossen über Tyrus, die Kronenspenderin, deren Kaufleute Oberste, deren Händler die Geehrten der Erde waren?“

 

Dann ist von der „Zauberei“ Babylons die Rede: „… durch deine Zauberei sind alle Nationen verführt worden“. Auch hier klingt ein alttestamentliches Prophetenwort an – diesmal ein Gerichtswort über Ninive: „All das wegen der vielen Hurereien der anmutigen Hure, der Zauberkünstlerin, die Völker verkaufte mit ihren Hurereien, und Sippen mit ihren Zauberkünsten.“ (Nah.3,4). „Verführung“ meint in der Offenbarung des Johannes immer religiöse Verführung (13,14; 19,20; 20,3.8.10).

 

Vielleicht hängen wirtschaftliche Macht und religiöse Verführung eng zusammen. Dann wäre zu sagen: „… durch die Ermöglichung des Handels und den damit erworbenen Reichtum schlug Rom die Völker in seinen Bann (‚Zauberei‘), so dass sie mit ihm allen Götzendienst trieben.“ (U. Müller, 311; vgl. 18,3).

 

Schließlich wird in der Begründung für das Gericht darauf verwiesen, dass in Babylon „das Blut von Propheten und Heiligen gefunden“ wurde (vgl. 18,20). Darüber wird Babylon für das Blut „von allen denen, die auf der Erde hingeschlachtet worden sind“ zur Verantwortung gezogen. Dabei ist entweder „der ungeheure Strom von Blut, der für die Errichtung des Imperium Romanum und für seine Behauptung vergossen wurde“ gemeint (Wengst, 199; vgl. Maier II, 321), oder das Blut derer, die auch außerhalb Roms aufgrund ihres christlichen Glaubens zu Märtyrern wurden (Satake, 368; U. Müller, 311).

 

Zusammenfassung: Das reiche und mächtige Babylon wird zu einer zerstörten und menschenleeren Stadt. Nachfolger Jesu sollen sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Alle, die mit Babylon verbunden sind, haben Grund zu Klage; die Gläubigen aber dürfen jubeln.

 

 

 

8.3    Himmlische Lobgesänge über den Untergang Babylons (19,1-10)

 

Kapitel 18 hatte die Klagelieder der Könige, Kaufleute und Schiffsherren über den Untergang Babylons geschildert. Aber was für den Einen Grund zur Klage ist, kann für den Anderen Grund zum Jubel sein. So folgt nun der Jubel des Himmels über den Untergang Babylons. Damit erfüllt sich die Aufforderung aus 18,20: „Sei fröhlich über sie, du Himmel, und ihr Heiligen und Apostel und Propheten! Denn Gott hat für euch das Urteil an ihr vollzogen.“ Daher kann der Abschnitt auch als das „hymnische Finale“ der Johannesoffenbarung bezeichnet werden (U. Müller, 314).

 

(1) Nach diesem hörte ich etwas wie eine laute Stimme einer großen Volksmenge im Himmel, die sprachen: Halleluja! Das Heil und die Herrlichkeit und die Macht sind unseres Gottes! (2) Denn wahrhaftig und gerecht sind seine Gerichte; denn er hat die große Hure gerichtet, welche die Erde mit ihrer Unzucht verdarb, und er hat das Blut seiner Knechte an ihr gerächt. (3) Und zum zweiten Mal sprachen sie: Halleluja! Und ihr Rauch steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit.

(4) Und die vierundzwanzig Ältesten und die vier lebendigen Wesen fielen nieder und beteten Gott an, der auf dem Thron sitzt, und sagten: Amen, Halleluja!

(5) Und eine Stimme kam vom Thron her, die sprach: Lobt unseren Gott, alle seine Knechte, die ihr ihn fürchtet, die Kleinen und die Großen!

(6) Und ich hörte etwas wie eine Stimme einer großen Volksmenge und wie ein Rauschen vieler Wasser und wie ein Rollen starker Donner, die sprachen: Halleluja! Denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige, hat die Herrschaft angetreten. (7) Lasst uns fröhlich sein und jubeln und ihm die Ehre geben; denn die Hochzeit des Lammes ist gekommen, und seine Frau hat sich bereitgemacht. (8) Und ihr wurde gegeben, dass sie sich kleidete in feine Leinwand, glänzend, rein; denn die feine Leinwand sind die gerechten Taten der Heiligen.

(9) Und er spricht zu mir: Schreibe: Glückselig, die eingeladen sind zum Hochzeitsmahl des Lammes! Und er spricht zu mir: Dies sind die wahrhaftigen Worte Gottes. (10) Und ich fiel zu seinen Füßen nieder, ihn anzubeten. Und er spricht zu mir: Siehe zu, tu es nicht! Ich bin dein Mitknecht und der deiner Brüder, die das Zeugnis Jesu haben. Bete Gott an! Denn das Zeugnis Jesu ist der Geist der Weissagung.

 

(1) Johannes hört „etwas wie eine laute Stimme einer großen Volksmenge im Himmel“.

 

Handelt es sich hier um die große Schar der „himmlischen Vollendeten“ (U. Müller, 315; Roloff, 18)? Diese Auslegung kann sich auf 7,9 berufen: „Nach diesem sah ich: und siehe, eine große Volksmenge, die niemand zählen konnte, aus jeder Nation und aus Stämmen und Völkern und Sprachen …“ (vgl. 15,2-4). Dagegen spricht jedoch, dass die Stimme den Jubel damit begründet, Gott habe „das Blut seiner Knechte … gerächt“ (19,2). Nun gehören die Märtyrer sicher auch zu „himmlischen Vollendeten“. Der Jubel darüber, dass sie gerächt wurden, stammt dann aber vermutlich nicht aus deren eigenem Mund.

 

Oder sind Engel gemeint (Maier II, 327; Satake, 370)? Dafür spricht, dass die „große Stimme“ i.d.R. die Stimme von Engeln ist (5,2; 7,2; 10,3; 11,12; 12,10; 14,7.15.18; 19,17). Umstritten ist allerdings, wer in 19,6 mit der „großen Schar“ gemeint ist (s. dort).

 

Die Stimme beginnt ihren Jubel mit dem Wort „Halleluja“. Es bedeutet so viel wie „preist den Herrn“ und findet sich in der Offenbarung des Johannes nur in diesem Kapitel (19,1.3.4.6). Im Hintergrund dieser Wortwahl steht möglicherweise eine jüdische Tradition, nach der das „Halleluja“ endzeitliche Bedeutung hat: „103 Abschnitte (der Psalmen) hat David gesagt; aber Halleluja hat er erst gesagt, als er den Fall der Gottlosen sah.“ (Talmud, bBer 9b, zit in E. Müller, 315).

 

Dann fügt die Stimme hinzu: „Das Heil und die Herrlichkeit und die Macht sind unseres Gottes!“ Dieser Ruf ähnelt dem in 12,10: „… Nun ist das Heil und die Kraft und das Reich unseres Gottes …“ (vgl. die Auslegung dort). „Herrlichkeit“ meint „Ehre, Macht, Majestät“ (vgl. 4,11; Maier I, 277f.). Gemeint ist: Alle Autorität liegt in Gottes Händen.

 

(2) Nun wird begründet, warum Gott „Heil“, „Herrlichkeit“ und „Macht“ gehören: „Denn wahrhaftig und gerecht sind seine Gerichte …“ Im Rahmen der dritten Zornesschale kommt die gleiche Aussage vom „Altar“ (16,7) bzw. vom einem Engel, der am Altar steht (vgl. zu 16,7).

 

Warum sind Gottes Gerichte „wahrhaftig und gerecht“? Zunächst wird darauf hingewiesen, dass „er die große Hure gerichtet“ hat, „welche die Erde mit ihrer Unzucht verdarb“. Die Hure ist natürlich Babylon (17,1-5). Dass sie „die Erde mit ihrer Unzucht verdarb“ entspricht der Aussage über Babylon in 14,8: „… mit dem Wein seiner leidenschaftlichen Unzucht alle Nationen getränkt hat“ (vgl. die Auslegung dort).

 

Gottes Gerichte sind aber auch – oder gerade – insofern „wahrhaftig und gerecht“, dass Gott  „das Blut seiner Knechte an ihr [der Hure Babylon] gerächt“ hat. Hier wird noch einmal der Ruf der Märtyrer aus 6,10 aufgegriffen: „… Bis wann, heiliger und wahrhaftiger Herrscher, richtest und rächst du nicht unser Blut an denen, die auf der Erde wohnen?“ (vgl. 18,20). Was dort Bitte ist, ist jetzt der Grund zum Jubel.

 

(3) Vers 3 lässt „denselben Chor der Engelstimmen ein zweites Mal erschallen“ (Maier II, 330). Erneut erklingt ihr „Halleluja“. „Inhaltlich aber geht dieses zweite Halleluja von einem anderen Blickwinkel aus. In V.1-2 war es unser großer Gott, den alle Aussagen zum Gegenstand hatten. In V.3 aber rückt Babylon noch einmal in die Mitte des Bildes.“ (Maier II, 330).

 

„Und ihr Rauch steigt auf in Ewigkeit.“ Das erinnert an 14,11: „Und der Rauch von ihrer Qual steigt auf von Ewigkeit zu Ewigkeit …“ (zum ewigen Feuer vgl. die Auslegung zu 14,11). Während dort die Anhänger des Tieres gemeint waren, geht es hier um die Hure Babylon. Im Zusammenhang mit dem Untergang Babylons wurde zweimal auf den dabei aufsteigenden Rauch hingewiesen (18,9.18). Hier wird nun gesagt, dass dieser Rauch „in Ewigkeit“ aufsteigen wird. Wengst sieht daran einen bewusst formulierten Gegensatz zur Vorstellung des „ewigen Rom“. Gemeint ist dann: „Von wegen ‚ewiges Rom‘; ewig werden deine Trümmer rauchen.“ (Wengst, 266).

 

(4) Nach den Engeln stimmen auch die 24 Ältesten (4,4) und die vier Wesen (4,6) in den Jubel ein. Er dringt also weiter in die Nähe Gottes vor. Sie fallen vor Gott nieder und beten ihn an (vgl. 5,8). Mit ihrem „Amen“ – „es steht fest und es gilt“ (ThWNT, I, 339) – bestätigen sie den Jubel der Engel und stimmen selbst in das „Halleluja“ ein.

 

(5) Der nächste Schritt führt noch weiter in die Nähe Gottes. Eine Stimme, die „vom Thron her“ kommt, ruft zum Lobpreis auf. Von einer „Stimme von dem Thron her“ ist auch in 21,3 die Rede: „Und ich hörte eine laute Stimme vom Thron her sagen: Siehe, das Zelt Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen …“ Weil die Stimme etwas über Gott sagt, kann es sich bei der „Stimme vom Thron her“ nicht um die Stimme Gottes handeln, sondern vermutlich – ähnlich wie in 16,7 („Und ich hörte den Altar sagen: …“) – um die Stimme des Thrones (Satake, 371) oder eines Wesens vom Thron Gottes (wobei aber zu bedenken ist, dass von den 24 Ältesten und den 4 Gestalten bereits in 19,4 die Rede war und sie daher nicht in Frage kommen).

 

Jedenfalls ruft die Stimme „vom Thron her“ zum Lob Gottes auf. Dabei werden „alle seine Knechte“, die ihn fürchten, angesprochen – „die Kleinen und die Großen“. Das erinnert an 11,18, wo ebenfalls von den „Knechten“ die Rede ist und von „denen die deinen Namen fürchten, den Kleinen und den Großen“ (vgl. die Auslegung dort). An mehreren Stellen der Offenbarung des Johannes ist von den „Knechten, den Propheten“ die Rede (10,7; 11,18). Wenn ohne weitere Spezifizierung von den „Knechten“ Gottes die Rede ist, sind aber einfach gläubige Menschen gemeint (2,20; 7,3). In diesem Sinne wird der Begriff auch in 19,2 verwendet.

 

(6) Der Aufruf zum Lob Gottes durch die „Stimme … vom Thron her“ wird befolgt. Johannes hört einen gewaltigen Lobpreis. Er klingt „wie eine Stimme einer großen Volksmenge und wie ein Rauschen vieler Wasser und wie ein Rollen starker Donner“.

 

Wie in 19,1 stellt sich die Frage, wer gemeint ist. Dort ging es um eine „laute“ Stimme, womit i.d.R. die Stimme von Engeln gemeint ist. Dieses Indiz für eine Deutung auf himmlische Wesen fällt hier jedoch weg. Daher ist zu fragen, worauf sich die Begriffe „Schar“, „Wasser“ und „Donner“ beziehen. Sind sie eher auf Menschen oder auf Engel zu beziehen?

·         „… eine Stimme einer großen Volksmenge“: In 17,15 sind damit Völkerscharen gemeint, während die „große Volksmenge“ in 7,9 eine Gruppe von Menschen ist, die „aus der großen Bedrängnis“ gekommen ist (7,14). In 19,1 sind vermutlich Engel gemeint.

·          „… ein Rauschen vieler Wasser“: In 1,15 steht die „Stimme wie das Rauschen vieler Wasser“ in der Beschreibung Jesu Christi. Als Johannes in 14,2 eine „Stimme aus dem Himmel wie das Rauschen vieler Wasser“ hört, handelte es sich dabei entweder um die Stimme von Engeln, oder um die der 144.000 (s. Auslegung dort).

·         „… eine Rollen starker Donner“: Donner stehen oft im Zusammenhang mit einer Theophanie (Gottesoffenbarung; z.B. 4,5; 8,5; 11,19). In 14,2 ist ebenfalls vom „Rollen eines lauten Donners“ die Rede, wobei es sich entweder um die Stimme von Engeln, oder um die der 144.000 handelt (s. Auslegung dort).

Die Begriffe selbst liefern also kein eindeutiges Ergebnis. Also muss der Kontext entscheiden. Da in 19,5 die Gläubigen zum  Lob Gottes aufgerufen werden, spricht viel dafür, dass Johannes hier die Stimme der Gläubigen hört – quasi als Antwort auf die Aufforderung vom Lob Gottes (Wengst, 267; Roloff, 181; U. Müller, 318; Maier II, 334. Lichtenberger, 244).

 

Anders Satake, 371, der die Verse 6-8 auf eine „himmlische Stimme“  bezieht – mit der Begründung,  „dass die Bereitschaft der Braut“ nicht „bereits vor ihrer Offenbarung in einer Vision (21,9ff) durch einen Lobspruch der irdischen Christen den Lesern mitgeteilt“  werden könne.

 

Der Lobpreis beginnt mit einem erneuten „Halleluja“. Die Fortsetzung begründet es: „Denn der Herr, unser Gott, der Allmächtige, hat die Herrschaft angetreten!  Inhaltlich entspricht die Fortsetzung den Aussagen der „Stimmen im Himmel“ bzw. der 24 Ältesten aus 11,15.17 (s. Auslegung dort).

 

(7) Die Gläubigen ermuntern sich gegenseitig zur Freude – und auch dazu, Gott die Ehre zu geben, d.h. ihn als Gott anzuerkennen bzw. ihn anzubeten (vgl. z.B. 14,7; 15,3f.).

 

Die Begründung führt ein neues Bild ein – das Bild der Hochzeit zwischen Gott und seinem Volk. Schon in alttestamentlicher Zeit wurde damit die Heilszeit beschrieben (z.B. Jes.61,10; 62,1-5). Im NT steht das Bild der Hochzeit sogar im engen Zusammenhang mit der Wiederkunft Jesu (Lk.12,36: „Und ihr, seid Menschen gleich, die auf ihren Herrn warten, wann er aufbrechen mag von der Hochzeit …“; vgl. auch Mt.25,1ff.). Das ist auch hier der Fall (19,11ff.).

 

Nun ist speziell von der „Hochzeit des Lammes“ die Rede. Das „Lamm“ ist natürlich Jesus (5,6ff.). Er ist der Bräutigam (vgl. Mk.2,19f.). Bei der „Frau“, also der Braut, ist natürlich an die Gemeinde zu denken (2.Kor.11,2: „… ich habe euch einem Mann verlobt, um euch als eine keusche Jungfrau vor den Christus hinzustellen.“; vgl. Eph.5,25-32). Nach 21,9f. handelt es sich bei der Braut um die „heilige Stadt Jerusalem“ (21,9f.; vgl. 21,2). Die Verbindung von Jerusalem und Gemeinde ist eine geläufige Verbindung (z.B. Hebr.12,22f.) und ist auch in der Offenbarung vorausgesetzt – man denke nur daran, dass die Stadtmauer des neuen Jerusalems „zwölf Grundsteine“ hat, auf der „die zwölf Namen der zwölf Apostel des Lammes“ stehen (21,14).

 

Nun heißt es über die Braut, dass sie „sich bereitgemacht“ hat (der Begriff findet sich noch in 8,6; 9,7.15; 12,6; 16,12; 21,2).  Hinter dieser Aussage steht die Praxis, dass sich die Braut in ihrem Elternhaus auf die Hochzeit vorbereitet (Stefanovic, 541). Sie ist fertig und wartet nur noch auf den Bräutigam.

 

(8) Präzisierend wird dazu gesagt: „Und ihr wurde gegeben, dass sie sich kleidete in feine Leinwand, glänzend rein“. Das Vorbereiten ist also – wie bei der Hochzeit – ein „vorbereitet werden“. Der Braut wird das Hochzeitskleid angezogen. Dass es aus Leinen ist, steht für die „gerechten Taten der Heiligen“.

 

Das erinnert an Jes.61,10: „Freuen, ja freuen will ich mich in dem HERRN! Jubeln soll meine Seele in meinem Gott! Denn er hat mich bekleidet mit Kleidern des Heils, den Mantel der Gerechtigkeit mir umgetan, wie der Bräutigam sich nach Priesterart mit dem Kopfschmuck und wie die Braut sich mit ihrem Geschmeide schmückt.“

 

Wer aber sind die „Heiligen“? Sind alle Christen gemeint? Dann wäre die Aussage, dass Gott ihnen gute Werke gegeben hat (vgl. Eph.2,20). Oder geht es speziell um die Märtyrer (13,10; 16,6; 17,6; 18,24)? Dazu würde passen, dass nach 6,11 allen Märtyrern „ein weißes Gewand“ gegeben wird. Dann wäre die Aussage: Die Gemeinde trägt die Werke der Märtyrer als eine Art Ehrenkleid.

 

(9) Nach dem Ausblick auf das „hymnische Finale“ folgen zwei Engelworte, in denen die Gültigkeit des eben Gehörten bekräftigt wird. Vielleicht stammen sie wieder von dem in 17,1 erwähnten Engel – also von einem der sieben Engel „welche die die sieben Schalen hatten“ (vgl. 21,9). Weil Johannes verwehrt wird, den Sprecher anzubeten, kann es sich jedenfalls nicht um Gott und „nur“ um einen Engel handeln.

 

Der Engel fordert Johannes auf, eine weitere Seligpreisung aufzuschreiben (1,3; 14,14; 16,15; 20,6; 22,7.14). Danach sind alle selig zu preisen, „die eingeladen sind zum Hochzeitsmahl des Lammes!“ Die Aussage knüpft an das in Vers 7 eingeführte Bild der Hochzeit an. Wurde die Gemeinde dort mit dem Begriff „Frau“ (Braut) bezeichnet, erscheinen die Gläubigen nun als Hochzeitsgäste (vgl. Mt.22,1-14). Selig ist der, der zu dieser Hochzeit „eingeladen“ ist, womit noch einmal deutlich wird, dass das zukünftige Heil der Gläubigen auf der Einladung Gottes beruht.

 

Die Seligpreisung wird ausdrücklich bekräftigt: „Dies sind die wahrhaftigen Worte Gottes.“ Damit wird gesagt, dass die Worte Gottes zuverlässig sind (21,5: „… Denn diese Worte sind gewiss und wahrhaftig.“; 22,6: „Diese Worte sind gewiss und wahrhaftig …“).

 

(10) Aufgrund dieser Worte fällt Johannes vor dem Engel nieder, um ihn anzubeten. Der aber wehrt ab und begründet es mit den Worten: „Ich bin dein Mitknecht und der deiner Brüder, die das Zeugnis Jesu haben“ und fügt hinzu, dass Gott angebetet werden soll.

 

Diese Szene entspricht dem in 22,8f. geschilderten Vorgang: (8) … und als ich sie hörte und sah, fiel ich nieder, um anzubeten vor den Füßen des Engels, der mir diese Dinge zeigte. (9) Und er spricht zu mir: Siehe zu, tu es nicht! Ich bin dein Mitknecht und der deiner Brüder, der Propheten, und derer, welche die Worte dieses Buches bewahren. Bete Gott an!“

 

Diese Parallele zeigt, dass es sich bei den Mitknechten um die „Propheten“ und beim Zeugnis Jesu um die Offenbarung des Johannes handelt (vgl. 12,17, zur Auslegung s. dort). Dem entspricht auch der erklärende Nachsatz in 19,10: „Denn das Zeugnis Jesu ist der Geist der Weissagung.“ Der Engel ist der „Mitknecht“ derer, die den „Geist der Weissagung“ haben – also der „Mitknecht“ der Propheten.

 

In Art.18 der „Glaubensüberzeugungen der Siebenten-Tags-Adventisten“ heißt es: „Nach dem Zeugnis der Heiligen Schrift ist die Weissagung eine der Gaben des Heiligen Geistes. Diese Gabe ist ein Kennzeichen der Gemeinde der Übrigen und hat sich, wie wir glauben, im Dienst von Ellen G. White erwiesen …“ Adventistische Bibelausleger sind jedoch grundsätzlich nicht der Auffassung, dass Off.19,10 direkt auf die Schriften von Ellen White zu beziehen ist. Vielmehr wird dieser Text ganz allgemein auf die Gabe der Prophetie bezogen, ggf. mit dem Hinweis, dass diese Gabe in der Endzeit bzw. für die „Gemeinde der Übrigen“ von besonderer Bedeutung ist (Wittwer, 156; Böttcher, 325). Stefanovic weist sogar darauf hin, dass auch Johannes selbst sich als einer dieser Propheten versteht (Stefanovic, 548).

 

Zusammenfassung: Nach dem Untergang Babylons bricht im Himmel großer Jubel aus, weil sich im Gericht über Babylon Gottes Macht und Autorität zeigt. In diesen Jubel stimmen alle ein. Die Gemeinde freut sich darüber, dass der Anbruch der Heilszeit unmittelbar bevorsteht und sie für dieses Fest vorbereitet ist. Die Offenbarung des Johannes ist das Zeugnis Jesu und bekräftigt die Wahrheit dieser Hoffnung.