4.6.4      Hiobs letzte Antwort an Gott (42,1-6)

 

Im Anschluß an die erste Rede Gottes, in der dieser auf seine absolute Überlegenheit hinwies, hatte Hiob seine eigene Nichtigkeit erkannt (40,4). Nach der zweiten Rede, in deren Mittelpunkt die Unfähigkeit des Menschen zur Ausübung des Richteramtes stand, bekennt Hiob, dass er „die Macht Gottes erfahren hat und nun von Gottes Fähigkeit weiß, einmal gefasste Vorhaben auch auszuführen.“ (Hesse, 202f.)

(42,1)     Und Hiob antwortete dem HERRN und sprach:

(42,2)     Ich erkenne, dass du alles vermagst,

und nichts, das du dir vorgenommen, ist dir zu schwer.

 

Er zitiert den Tadel, im dem Gott ihn als unverständig bezeichnet hatte und Gottes Aufruf zum Kampf der Argumente und gesteht seine Unwissenheit über die Pläne Gottes ein.

(42,3)     „Wer ist der, der den Ratschluss verhüllt mit Worten ohne Verstand?“

Darum hab ich unweise geredet, was mir zu hoch ist und ich nicht verstehe.

(42,4)     So höre nun, lass mich reden; ich will dich fragen, lehre mich!“

 

Wie aber kann er ertragen, dass Gottes Handeln undurchschaubar bleibt? Weil er Gott nicht mehr allein aus der Tradition kennt, die, wie der Tun-Ergehen-Zusammenhang zeigt, irreführend sein kann, sondern aus einer persönlichen Begegnung.

(42,5)     Ich hatte von dir nur vom Hörensagen vernommen;

aber  nun hat mein Auge dich gesehen.

 

„Weil Hiob weiß, dass das rätselhafte und undurchschaubare Geschehen ein sinnvolles Handeln des weisen Gottes ist (V.2-3), und weil er sein Geschick in der Gemeinschaft Gottes tragen und ertragen kann (V.5), schweigt er nicht nur (40,4f.), sondern widerruft und bereut was er früher gesagt hat.“ (Fohrer, 535f.)

(42,6)     Darum spreche ich mich schuldig

und tue Buße in Staub und Asche.

 

„Wenn Hiob nach diesen Worten verstummt, handelt es sich nicht mehr nur um das Schweigen eines Menschen, der sich vor Gott seiner eigenen Nichtigkeit bewusst geworden ist, sondern zugleich um das Schweigen des zu Gott umgekehrten Menschen, der sich ihm ganz und allein hingibt und in der Gemeinschaft mit ihm zur Ruhe kommt. Das ist das rechte Verhalten des glaubenden Menschen im Leide: demütiges und hingebungsvolles Schweigen aus dem Ruhen in Gott – auf Grund der Einsicht, dass das Leid auf einem rätselvollen und undurchschaubaren, aber doch sinnvollen Handeln Gottes beruht, und auf Grund der Gewissheit der Gottesgemeinschaft, in der sich alles tragen und ertragen lässt. Darin liegt die Lösung des existentiellen Problems des Buches Hiob.“ (Fohrer, 536)